Lenzen
„Ich habe aber keinen Kaplan beantragt“, war die überraschte Reaktion des zuständigen Wittenberger Pfarrers, als sich Kpl. Heribert Rosal (1947-54) als Seelsorger für Lenzen und Umgebung am westlichsten Ende des Bistums Berlin vorstellte. Doch er durfte natürlich bleiben und wurde schon bald auch von einem evangelischen Pfarrer herzlich begrüßt, der ihm von vertriebenenen sudetendeutschen Katholiken berichtete. Die erste Hl. Messe fand an Christi Himmelfahrt 1946 im Schützenhaus statt. Später konnte man die Sakristei der evangelischen Katharinenkirche nutzen. Schließlich gelang es, den Sitzungssaal der Stadtsparkasse in der Hamburger Str. 23 zu mieten und als Gottesdienstraum herzurichten. Am 8.9.1947 wurde er eingeweiht und erhielt bald von Felix Hertelt geschaffene Statuen der Schutzmantelmadonna, des hl. Josef und eine Herz-Jesu-Darstellung. Das Marien-Patronat ging auf eine Anregung aus der Gemeinde zurück und hatte schon Tradition in vorreformatorischer Zeit. Seit 1967 hing auch ein Bild des Wendenfürstes Gottschalk in der Kapelle, der sich hatte taufen lassen, 1066 aber in Lenzen von heidnischen Landsleuten ermordet wurde und als Martyrer verehrt wird. Sein Gedenktag ist der 6. Juni.
Nach dem II. Weltkrieg verlief gleich hinter Lenzen die Grenze zur Bundesrepublik. Der Ort wurde 1952 zum Sperrgebiet und durfte nur noch mit Passierschein betreten werden, den die DDR-Behörden neu ernannten Seelsorgern mehrmals verweigerten. Die Zahl von anfangs etwa 800 Katholiken war am 1.10.1953, als Lenzen seelsorglich selbständige Kuratie wurde, schon auf etwa 500 zurück gegangen.
Letzter eigener Geistlicher war Karl-Heinz Dietrich (1966-70), seitdem wird die Gemeinde, die vermögensrechtlich zu Wittenberge gehört, seelsorglich von Perleberger Geistlichen betreut. Heute zählt sie noch etwa 100 Katholiken.
Die Kapelle im Sitzungszimmer der Sparkasse, deren Leiter katholisch war, wurde 1967 gemäß der Liturgiereform des II. Vaticanums umgestaltet. 1991 aber gab man die Räumlichkeit auf. Als Gottesdienstraum wird seit dem Weihnachtsfest ein großes Zimmer im 1949/50 neben der Sparkasse erworbenen Pfarrhaus genutzt, in das die Ausstattung der bisherigen Kapelle übernommen wurde. Die übrigen Räume im Erdgeschoss werden für Gemeindezwecke genutzt. Im Obergeschoss wohnt eine katholische Familie, der das Haus heute auch gehört.